Episode 1: Tim Knopf – Bahnfluencer mit Leidenschaft
Shownotes
Zum Auftakt von „ZUGehört“ spricht Frau Dr. Sigrid Nikutta mit Tim Janotta – bei Social Media besser bekannt als „Tim Knopf“. Tim ist Eisenbahner mit Leidenschaft und seit mehr als 10 Jahren Lokführer bei DB Cargo in Köln Gremberg. Zudem ist er Disponent bei DB Cargo, Oberbrandmeister bei der freiwilligen Feuerwehr und berichtet auf Social Media erfolgreich von seinem Alltag als Lokführer – Auf Twitter folgen ihm rund 20.000 Menschen, die er für seinen Beruf immer wieder neu begeistern kann. Wie Tim all das unter einen Hut bekommt, weshalb ihm sein Beruf täglich Freude bereitet und was er ändern würde, wenn er für einen Tag Chef der DB Cargo wäre, erfahren Sie in dieser Folge. Also „ZUGehört“ – so geht klimafreundlicher Güterverkehr.
Transkript anzeigen
00:00:00: Sprecher: Herzlich willkommen bei ZUGehört – dem Podcast für alle, die sich für umweltfreundlichen Gütertransport auf der Schiene interessieren. Wir bei DB Cargo sind uns sicher: Güter gehören auf die Schiene! Denn ein Güterzug kann bis zu 52 LKW ersetzen und das konkurrenzlos klimafreundlich. Zum Beispiel mit bis zu 80% weniger CO2 Ausstoß gegenüber einem LKW. Frau Dr. Sigrid Nikutta, Vorstand Güterverkehr der Deutschen Bahn AG und gleichzeitig Vorstandsvorsitzende der DB Cargo AG, geht bei ZUGehört ins Gespräch mit internen und externen Logistik Expert:innen und bietet Lösungsansätze für eine grüne Logistik. Also ZUGehört. So geht klimafreundlicher Güterverkehr.
00:00:52: Dr. Sigrid Nikutta: Heute spreche ich mit Tim Janotta. Lokführer bei uns in Köln Gremberg. Eigentlich kennen wir Sie aber alle unter einem anderen Namen, lieber Herr Janotta, und ich muss jetzt höllisch aufpassen, dass ich mich nicht verspreche. Denn in den sozialen Medien, auf Twitter, Instagram und LinkedIn heißen Sie "Tim Knopf". Auch ein wirklich schöner Name. Also Lokführer Tim oder Tim Knopf. Sie sind dort total aktiv, aber in Ihrem eigentlichen Leben sind Sie ja Eisenbahner mit Leidenschaft. Mit einer Ausbildung zum – wir nennen es "EIB" – Eisenbahner im Betriebsdienst. Also wirklich eine richtig fundierte Eisenbahner im Betriebsdienst Ausbildung mit dem Einstieg als Lokrangierführer und dann Streckenlokführer auch mit vielen Auslandsstrecken. Sie sind auch Disponent, können also auch die anderen Lokführer hin und her schicken und sind gleichzeitig auch noch Betriebsrat. Und ehrenamtlich Oberbrandmeister bei der freiwilligen Feuerwehr in Neitersen im Westerwald. Wie bekommt man das alles hin?
00:02:15: Tim Janotta: Ja, das ist eine gute Frage. Die wird mir öfters gestellt. Ich stelle sie mir manchmal auch. Und ich bin doch manchmal erstaunt, wie wenig Stunden so ein Tag hat. Ich habe bei der Bahn inzwischen viele Aufgaben. Man sagt auch immer ganz gerne: Ich bin so die eierlegende Wollmilchsau bei uns, der alles macht. Und ja, es ist schon herausfordernd, macht aber auch viel Spaß. Also es ist eine große Vielfalt, die ich habe. Viel Abwechslung, also es wird auch nicht langweilig. Also auch bei der Feuerwehr natürlich, was ich auch noch nebenbei mache zur Abwechslung. Das mache ich jetzt auch schon seit 22 Jahren, dass ich bei der Feuerwehr bin, das ist auch so der Ausgleich. Und ja, also es macht alles insgesamt viel Spaß.
00:02:57: Dr. Sigrid Nikutta: Ich glaube, es kann sich jeder vorstellen: ein Lokführer, Lokführerin im ICE. Das sehen wir alle. Oder in der SBahn, im Regionalzug... Die Lokführer und Lokführerinnen im Güterverkehr, die sehen die normalen Bürgerinnen und Bürger eher seltener, weil wir ja nicht an den normalen Bahnsteigen halten. Können Sie mal erzählen, wie sieht so ein Arbeitstag bei Ihnen aus? Wo fangen Sie an zu arbeiten? Ja, nicht im Hauptbahnhof in Köln, sondern in Gremberg. Und was machen Sie dann an so einem Arbeitstag – oder Arbeitsnacht?
00:03:34: Tim Janotta: Genau, wir arbeiten ja auch häufig nachts. Natürlich nicht immer. Aber es sind natürlich unsere Zeiten, weil dann natürlich der Personenverkehr mehr oder minder ruht und wir natürlich in der Regel freie Bahn haben. Also ich starte natürlich immer in Köln Gremberg oder Köln Eifeltor – dies gehört halt mit dazu – und das kann man gar nicht so genau definieren, was ich dann immer mache, weil die Schichten sind so unterschiedlich, die Aufgaben sind unterschiedlich. Keine Schicht gleicht der anderen. Und selbst wenn ich fünfmal die Woche denselben Zug fahren würde, oder den gleichen Zug fahren würde... Das wäre irgendwie nie das Gleiche, weil die Aufgaben, die Vorbereitung immer ein bisschen anders sind. Also, ob ich jetzt einen Zug ablöse, der aus dem fernen Italien kommt, den ich also nur übernehme und in diesem Staffelsystem, was wir fahren, weiterführe... Oder natürlich aus dem Bahnhof Eifeltor oder Gremberg einen Zug, der dort beginnt, auch bespannen und entweder weiterfahre, damit der nächsten ihn ablöst, oder natürlich ins Ruhrgebiet, wo wir viele Bahnhöfe haben, wieder reinfahren und dort wieder für die Weiterverarbeitung abstellen. Das ist immer wahnsinnig abwechslungsreich und das lässt sich gar nicht so in einem Satz sagen.
00:04:38: Dr. Sigrid Nikutta: Okay, also das heißt ganz praktisch: Es kommt ein Zug aus Italien und der hält dann in Gremberg und da steigen Sie dann auf die Lok.
00:04:46: Tim Janotta: Genau. Also wir wechseln dann und ich fahr den dann entweder zum Ziel, je nachdem, wenn der bei uns im Gebiet endet, oder ich fahre ihn weiter bis zum nächsten Punkt, wo dann der nächste Lokführer kommt und ihn übernimmt. Ich nehme mal das Beispiel Hamm Westfalen: Wenn der Zug wieder nach Hamburg gehen sollte, da kommt dann der nächste Kollege und wir übergeben wieder einander. Dort mache ich dann meine Pause und warte auf den nächsten Zug, der aus Hamburg kommt oder sonst woher - auch aus Seelze -, um den dann wieder Richtung Süden zu fahren. Genau.
00:05:15: Dr. Sigrid Nikutta: Okay, also in der idealen Welt fahren Sie eine Strecke in die eine Richtung, steigen ab, machen eine Pause und fahren dann in die andere Richtung wieder zurück und kommen zu Feierabend oder "Feiermorgen" – je nachdem – wieder in Köln Gremberg an.
00:05:32: Tim Janotta: Das ist dann natürlich die perfekte Schicht, wenn ich direkt an dem Punkt, wo ich ankomme, auch wieder zurückfahren. Es gibt allerdings auch schon mal Schichten, wo ich dann von dem einen Bahnhof als Gastfahrt zu einem anderen Bahnhof fahren muss, weil dort vielleicht gerade keine Leistung vorherrscht, und ich dann in einem anderen Bahnhof eine Leistung übernehme.
00:05:49: Dr. Sigrid Nikutta: Okay, das heißt also, dann haben Sie noch eine Zwischenfahrt und nehmen den Zug dann entsprechend wieder mit. Und wenn Sie ins Ausland fahren, in welche Länder fahren Sie dann?
00:06:00: Tim Janotta: Also ich bin ausgebildet für die Fahrten in die Niederlande, derzeit noch für den kleinen Grenzverkehr nach Venlo. Auch da habe ich natürlich eine Sprachausbildung für gemacht auf Niederländisch...
00:06:13: Dr. Sigrid Nikutta: "Natürlich" sagen Sie. Also das ist ja... das heißt, wenn Sie in die Niederlande fahren, müssen Sie Niederländisch können?
00:06:19: Tim Janotta: Richtig, Genau. Erst mal muss ich mich ja dort mit den Kollegen verständigen. Also es ist auch nicht mehr so, dass alle Deutsch können – was man immer mal glaubt... Ich muss mich mit dem Betriebspersonal verständigen können, die inzwischen nicht mehr in Venlo sitzen, sondern in Eindhoven. Und natürlich auch – was wir nicht hoffen wollen – aber im Falle eines Problems, eines Unfalls natürlich auch dort mit den Rettungskräften. Deswegen ist es verständlich und das ist auch bei der Eisenbahn allgemein so, dass wir als interoperabler Lokführer – so nennt sich das ja dann – die Sprache des jeweiligen Landes können müssen, in das wir hineinfahren.
00:06:52: Dr. Sigrid Nikutta: Und auf einem ganz ordentlich Niveau. Nicht so einfach ein paar Worte, sondern sie brauchen, ich glaube ein B2 Niveau.
00:07:01: Tim Janotta: Also B1 Niveau ist das Minimum. Wobei, das muss ich auch sagen... Auch wenn natürlich über die niederländische Sprache immer mal als Deutsche so ein bisschen gefrotzelt wird... also man hört ja immer wieder von Freunden: "Ach, das ist doch gar nicht so schwierig"... Musste ich aber feststellen... Es sind 320 Stunden gewesen. Also ich habe acht Wochen lang in einer Sprachschule verbracht, acht Stunden am Tag. Und ich muss feststellen, das ist wirklich eine schwierige Sprache, wie es wahrscheinlich jede ist. Die so zu erlernen – das hat auch Spaß gemacht – aber es war wirklich schwierig. Und dann natürlich auch hinterher das Sprechen, das zu übernehmen – auch die Fachwörter natürlich – das hat schon eine Zeit gebraucht, bis ich also wirklich sagen konnte, dass ich einigermaßen flüssig und frei mit den Kolleginnen und Kollegen dort sprechen konnte.
00:07:46: Dr. Sigrid Nikutta: Okay, also das ist ja zum Beispiel beim LKW nicht der Fall.
00:07:49: Tim Janotta: Genau das ist natürlich beim LKW der Nachteil. Man sieht es vielleicht auch immer wieder oder hört das immer wieder, dass dann die LKW-Fahrer aus allen Herren Ländern kommen und sich mit den örtlichen Behörden nur noch mit Hand und Fuß verständigen können. Das mag vielleicht, wenn es nicht dringlich ist, gerade noch passend sein. Aber gerade wir fahren ja auch viele Güter, auch viele gefährliche Güter. Und wenn ich mich da mit Hand und Fuß unterhalten müsste, um da vielleicht dem Feuerwehrmann dort zu erzählen, was da gerade passiert, geht viel Zeit verloren und sicher wäre das allemal nicht. Und das ist ja das, was unser Pfund ist bei der Eisenbahn, dass wir sicher fahren.
00:08:27: Dr. Sigrid Nikutta: Das ist bei der Straße mit Sicherheit auch nicht so sicher. Aber Herr Janotta, Sie sind eine Berühmtheit. Eine Berühmtheit im Netz. Fast 20,000 Follower auf Twitter. Ich habe gesehen, auch Jan Böhmermann folgt Ihnen auf Twitter. Sie posten fast täglich oder sogar wirklich täglich. Welche Themen posten Sie und wie sind Sie dazu gekommen?
00:08:51: Tim Janotta: Ja, was poste ich? Das ist wirklich natürlich aus meinem Alltag, der Eisenbahn, des Lokführers, natürlich auch aus dem Alltag der Feuerwehr so ein bisschen. Natürlich ist es eine freiwillige Feuerwehr, aber auch das gehört mit dazu. Auch natürlich das Privatleben. Also ich stell das natürlich vor. Nicht privat, aber ich stelle mich so ein bisschen dar, die Freizeit dar. Also das es auch vereinbar ist, dass es also auch eine Freizeit gibt für einen Lokführer. Aber wie gesagt, die Themen des Lokführers sind natürlich vorangestellt. Manchmal auch ein bisschen Lustiges, Kurioses... das kommt auch immer mal wieder vor. Wie jetzt ein Graffiti – wobei ich natürlich Graffitis eigentlich nicht gut finde, klar, das ist Sachbeschädigung – aber ein Doppelstockwagen, von Regio, den man auf einen weißen Intercity-Wagen umgesprayt hat. Fand ich... Ist eigentlich witzig, auch wenn es Sachbeschädigung ist...
00:09:39: Dr. Sigrid Nikutta: Oh, oh, genau! Es ist Sachbeschädigung. Das ist ja sowieso in den sozialen Medien oft die Herausforderung. Manche Dinge sind etwas grenzwertig. Manchmal posten Sie auch etwas Kritisches. Und ich folge Ihnen und lese das durchaus auch. Und Sie haben mir erzählt, dass Ihnen mal aufgefallen ist, dass ich lese, was Sie posten.
00:10:03: Tim Janotta: Ja, wie habe ich bemerkt, dass Sie mir folgen? Also es gab letztes Jahr ein kleines Problem, – wie wir sie leider immer mal wieder haben, – dass ich aufgrund der Baustellentätigkeiten mit einem Zug zwei Stunden vor einer Baustelle warten musste, obwohl dieser Zug schon in diese Baustelle umgeleitet wurde. Und durch diese Verspätung ist dann schon eine nächste Baustelle aufgepoppt und der Zug musste dann tatsächlich übers Wochenende mehrere Tage in Köln verbleiben musste. Mit Containern, mit Sattelaufliegern eines Kunden, der auch sehr wichtig ist. Natürlich sind alle Kunden wichtig, aber dieser natürlich ganz besonders. Und da hatte ich natürlich so ein bisschen auch drüber berichtet. Ja, auch meinen Unmut darüber kundgetan. Das war Anfang Dezember, glaube ich. Und eine Woche vor Weihnachten kam dann tatsächlich eine E-Mail aus Ihrem Büro, dass Sie das gelesen hatten, dass Sie damit an Netze herangetreten sind, und man dann auch erkannt hat, was schief gelaufen ist und da auch ein Maßnahmenpaket aufgelegt hatte, wie man das zukünftig vermeiden möchte. Und das war so das erste Mal habe, wo ich herausgefunden habe: "Ah, Frau Nikutta, folgt mir. Sie liest, was ich hier schreibe. Das ist ja interessant."
00:11:10: Dr. Sigrid Nikutta: Genau, ich folge Ihnen. ich bin auch überall unterwegs unter einem Pseudonym. Und in der Tat hat mich das, als ich das gelesen hatte, auch sehr geärgert. Denn so was darf eben nicht passieren. Und wenn so etwas vorkommt, dann gehen wir und ich dem ganz, ganz intensiv nach: Was ist das eigentlich, was da passiert ist und wie können wir das verhindern für die Zukunft? Jetzt haben Sie schon gesagt, Sie werden oft darauf angesprochen, weil Sie Lokführer sind. Lokführer ist ja immer noch so ein teilweise Traumberuf von Kindern. Das soll natürlich auch so bleiben. Was sind denn aus Ihrer Sicht so die drei großen, wirklich tollen Dinge, die man als Lokführer macht? Wo Sie sagen: "Also, das ist wirklich das, weshalb ich Lokführer bin"?
00:11:56: Tim Janotta: Also vorangestellt ist natürlich: Ich habe eine Vielzahl an Technik, also gerade für Leute, die technikaffin sind, die daran Interesse haben... Wir haben unterschiedliche Lokomotiven, die sich auch wirklich unterscheiden. Also die meisten sind halt rot. Manche sind auch ein bisschen grün... Aber sie unterscheiden sich halt wahnsinnig. Und wir haben vieles an Güterwagen. Wir transportieren auch teilweise unheimlich verschiedene Frachten, wo ich mich auch jetzt nach 14 Jahren immer noch sehr drüber erfreuen kann, was ich dann doch tatsächlich am Wagen habe. Also das ist wahnsinnig spannend. Ich habe es eben schon mal gesagt: Es kommt bei mir auch keine Langeweile auf. Also ich fahre nie die gleiche Strecke. Es sind nie die gleichen Schichten. Also es ist nicht monoton, sondern es ist immer Abwechslung. Und auch wenn es natürlich eigentlich nicht so schön ist... aber solche Betriebsstörungen bringen auch immer so ein bisschen diese Würze, sage ich mal so. Also das ist schon immer spannend, das dann zu bewältigen und sich Gedanken zu machen: Was muss ich jetzt machen, was kann ich machen? Wie kann ich vielleicht auch dazu beitragen, da eine Lösung herbeizuführen? Und man erlebt natürlich – das ist auch ein Vorteil des Schichtdienstes, wobei man vorsichtig sein muss, über Vorteile zu sprechen – aber man hat auch immer wieder sehr schöne Erlebnisse. Also so einen Sonnenaufgang morgens im Mittelrheintal zu erleben, wenn man von Mainz Richtung Köln fährt, ist einfach phänomenal bei wunderschönem Wetter und da erfreue ich mich immer wieder daran. Und das sind so Sachen, die ein ich sage jetzt mal "normaler Arbeiter", der vielleicht um diese Uhrzeit noch im Bett liegt, gar nicht mitbekommt. Und das sind auch so die schönen Momente einfach wieder. Oder wenn man dann links und rechts auch noch diese Nebel bedeckten Felder sieht, wenn man da mal herfährt. Also das hat auch schon was... ja ein bisschen Romantik ist dann auch mit im Spiel, genau.
00:13:33: Dr. Sigrid Nikutta: Ein bisschen Romantik. Aber dann frage ich dann auch direkt romantisch nach: Ist man da nicht etwas einsam, wenn Sie da alleine sitzen?
00:13:40: Tim Janotta: Ja, also ich bin natürlich allein auf meiner Lok – wobei ich das jetzt auch gar nicht verkehrt finde. Aber ich bin natürlich trotzdem nie allein, weil es arbeiten ja auch andere mit – wenn auch nicht auf meiner Lok, aber ich stehe natürlich in Kontakt mit unseren Leitstellen, auch mit den Fahrdienstleitern, wenn was ist. Und wie gesagt man ist auch alleine, aber man schätzt das auch. Also man hat auch so ein bisschen seine Ruhe.
00:14:00: Dr. Sigrid Nikutta: Ah, okay. Die Fahrdienstleiter, das sind die Kollegen im Stellwerk, die also die Weichen stellen und Ihnen die Fahrstraße einstellen. Und die Leitstelle, das sind die Cargo Kolleginnen und Kollegen, die quasi am Computer sehen, wo sie fahren und auch mit Ihnen in Kontakt stehen. Zu jedem Zeitpunkt.
00:14:20: Tim Janotta: Theoretisch, genau. Also natürlich, wenn wir keinen Kontakt haben, ist das natürlich auch erst mal gut. Weil dann ist nichts passiert und alles geht seinen Weg. Aber ich muss mich natürlich auch mit den Kolleginnen und Kollegen dort absprechen, vor allem, wenn jetzt irgendwie Ungemach droht oder bereits geschehen ist. Und da müssen wir gemeinsam eine Lösung finden, wie wir das jetzt über die Bühne bringen.
00:14:40: Dr. Sigrid Nikutta: Ungemach sind eben oft Verspätungen oder Störungen, für die Sie als Lokführer eigentlich im Regelfall nichts können. Denn dass die Lok kaputt geht, ist echt selten. Sondern Sie sind quasi immer derjenige, der die Störungen, die auftreten, dann ausbaden muss.
00:14:59: Tim Janotta: Genau. Also "ausbaden" ist ein schöner Begriff. Man ist da natürlich ein bisschen auch gefangen, wie der Gefangene des Betriebs. Da muss man halt wie gesagt das Beste draus machen. Also Lokstörungen... das sind meistens einfach kleinere Störungen. Man kennt mit der Zeit auch die Macken einiger Baureihen. Und die weiß man auch dann aus dem Effeff zu beheben. Und wie gesagt Betriebsstörungen... da muss man sich dann auch mit Netze wieder absprechen: Was geht überhaupt noch? Was kann ich machen, um das bestmöglich dann zu beheben? Also da gibt es Möglichkeiten – leider ist man manchmal aber auch dann am Ende des Lateins und das ist dann natürlich immer so dieser worst case, den man versucht vermeiden kann.
00:15:36: Dr. Sigrid Nikutta: Also vielen Dank. In Summe fahren wir so wie Herr Janotta es schildert, rund zweieinhalbtausend Züge jeden Tag durch Deutschland und durch Europa. Es ist also ein gigantisches System, wo alles ineinandergreift. Denn zweieinhalbtausend Züge, nur wir von DB Cargo. Dann kommen noch die Güterzüge auch von anderen Unternehmen dazu. Dann kommt der Regionalverkehr dazu, die S Bahn und der Fernverkehr. Und wir alle teilen uns die gleichen Gleise. Das muss man sich immer vor Augen führen. So, und meine Abschlussfrage ist: Wir stehen ja durchaus im Kontakt miteinander und Sie wissen auch, was ich so am Tag mache. Und mit Sicherheit haben Sie sich schon das eine oder andere Mal gedacht: "Also, wenn ich den Job von der Frau Nikutta hätte, dann würde ich...". Ja, was würden Sie denn eigentlich machen?
00:16:34: Tim Janotta: Wieder Lokführer werden. Nein, Quatsch. (lacht) Ja, also natürlich, man fragt sich das schon. Oder man stellt es sich auch schon mal vor. Und da muss ich sagen, ich habe das Gefühl, dass wir zu beschwerlich geworden sind. Also auch wie ein Güterzug selbst sind wir zu schwer geworden. Und ich würde gerne viele Prozesse wieder vereinfachen, dass wir uns nicht mehr mit uns selbst beschäftigen, sondern dass wir einfach wieder unsere Aufgabe, das Gut, das uns der Kunde anvertraut hat, möglichst zeitnah und auch effizient und sicher von A nach B zu bringen – in einem Zeitraum, der überschaubar ist – und nicht uns in Prozessen ergehen, die das Ganze noch behindern. Wir haben leider auch konkret Fälle, dass Wagen oder Züge nicht gefahren werden können, weil unsere Prozesse uns da lähmen. Und ich finde, das ist natürlich auch für den Kunden und auch für uns natürlich nicht gut. Und das müsste aus meiner Sicht einfach wieder entzerrt werden. Wir müssen wieder einfacher werden und einfach alle zusammen sagen: "Okay, wir haben eine Aufgabe, wir müssen Güter werden, wir müssen Güter fahren". Und das wäre so das, was ich, wenn ich Sie wäre, anpacken würde.
00:17:43: Dr. Sigrid Nikutta: Besser hätte man meinen Job eigentlich gar nicht zusammenfassen können. Herr Janotta, das mit 31.000 Kolleginnen und Kollegen in 18 Ländern – und das ist DB Cargo –, ist das, was Sie gesagt haben, schon eine große Aufgabe. Aber genau das machen wir, denn das Thema ist klar. Und am Ende wollen wir alle gemeinsam viel, viel mehr Güter auf die umweltfreundliche Schiene verlagern. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Janotta.
00:18:15: Tim Janotta: Ich danke auch vielmals. Es hat Spaß gemacht.
00:18:17: Dr. Sigrid Nikutta: Gleichfalls.
00:18:22: Sprecher: Das war ZUGehört – der Podcast von und mit DB Cargo. Abonnieren Sie jetzt den Kanal und seien Sie auch das nächste Mal mit dabei, wenn es wieder heißt: So geht klimafreundlicher Güterverkehr.
Neuer Kommentar