Episode 4: Jan Reuter – Der Rangierbahnhof der Zukunft
Shownotes
Was ist eine „Cargo Management Region“ und was passiert an einem Rangierbahnhof? In der neuen Folge von „ZUGehört“ spricht Frau Dr. Sigrid Nikutta mit Jan Reuter, Leiter der Cargo Management Region Süd. Doch der Rangierbahnhof München ist nicht nur für den internationalen Güterverkehr oder für den Einzelwagenverkehr interessant. Hier werden bereits umfassende Automatisierungs- und Digitalisierungsschritte umgesetzt, damit die Arbeit effizienter und auch leichter für die Mitarbeitenden ist: Von der vollautomatischen Abdrücklok über die automatische Bremsprobe bis hin zu Kamerabrücken. Doch welche Themen würde Jan Reuter beim „Rangierbahnhof der Zukunft“ gerne weiter voranbringen? Die Antwort sowie interessante Einblicke in die Welt der Rangierbahnhöfe gibt’s in dieser Folge. Also „ZUGehört“ – so geht klimafreundlicher Güterverkehr.
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00:00:05: Intro: Herzlich willkommen bei ZUGehört – dem Podcast für alle, die sich für umweltfreundlichen Gütertransport auf der Schiene interessieren. Wir bei DB Cargo sind uns sicher: Güter gehören auf die Schiene! Denn ein Güterzug kann bis zu 52 LKW ersetzen und das konkurrenzlos klimafreundlich. Zum Beispiel mit bis zu 80% weniger CO2 Ausstoß gegenüber einem LKW. Frau Dr. Sigrid Nikutta, Vorstand Güterverkehr der Deutschen Bahn AG und gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der DB Cargo AG, geht bei ZUGehört ins Gespräch mit internen und externen Logistik Expert:innen und bietet Lösungsansätze für eine grüne Logistik. Also ZUGehört. So geht klimafreundlicher Güterverkehr.
00:00:52: Dr. Sigrid Nikutta: Heute bin ich in München und treffe hier Jan Reuter, den Leiter der Cargo Management Region Süd. Was das genau ist, wird er uns gleich erzählen, aber ich beschreibe mal kurz, wo wir sind. Wir sind nämlich im Gebäude im Rangierbahnhof, sitzen hier in einem Büro, wo gerade zwei Mikros aufgebaut worden sind. Mir gegenüber sitzt Jan Reuter, der seit 18,5 Jahren bei DB Cargo ist. Und ehrlicherweise kennen Jan Reuter und ich uns auch seit 18,5 Jahren. Damit gehört Jan Reuter zu den Mitarbeitenden, die ich, glaube ich, am aller, aller längsten kenne hier in unserem Unternehmen. Denn Jan Reuter hat eine Karriere bei DB Cargo gemacht. Jetzt gibt es viele Dinge, die ich gleichzeitig fragen möchte. Im Übrigen sitzt Jan Reuter hier ganz entspannt mit einer roten ZUGehört-Tasse von DB Cargo in der Hand, einer Jeanshose, einem olivgrünen Pullover mit einem Hemd darunter. Und ich glaube, wir beide freuen uns auf dieses Gespräch. Lieber Herr Reuter, vielleicht sagen Sie erst: Wie sind Sie eigentlich zu DB Cargo gekommen? Und erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag?
00:02:20: Jan Reuter: Schönen guten Tag an alle Zuhörer. Es stimmt, wir sitzen hier ganz entspannt und die rote Tasse ist nicht nur in meiner Hand, sondern auch in der von Frau Dr. Nikutta. Passend auch zu Ihrer Jacke. Und ganz ehrlich, als ich am ersten Tag angefangen habe, hätte ich nie geglaubt, einen Podcast aufnehmen zu können. Denn mein erster Tag begann in Mainz als Trainee im Jahr 2004. Aber nur für einen Tag, denn an dem Tag wurde ich noch mal ganz kurz eingewiesen, wie denn so ein Trainee-Programm abzulaufen hat und bin dann gleich für mehrere Monate rausgegangen. Raus in den Bahnbetrieb, weil klar war, als technischer Trainee muss man erst mal die Grundlagen des Bahnbetriebs erlernen, damit man überhaupt weiter schauen kann, was denn entsprechend die Zukunft bietet. Ich war damals in der Niederlassung Ost, die nur noch vier Wochen existiert hat, bevor es zur Reorga kam. Das war auch für mich neu. Es wurden dann die Cargo-Zentren gegründet und die Transportmanagements, aber es war eine Zeit, die ich draußen verbracht habe, die ich nicht missen möchte, weil wir Bremsprobeberechtigter gemacht haben, Wagenprüfer gemacht haben, Bedienfahrten mitgemacht haben. Ja, es war zum Einstieg eine schöne Zeit. So, das war mein Beginn bei der Cargo.
00:03:30: Dr. Sigrid Nikutta: Das war Ihr Beginn bei der Cargo. Sie sprechen kein Bayerisch. Also, Sie kommen nicht aus München?
00:03:38: Jan Reuter: Ich kann es nicht leugnen, wenn ich anfange Bayerisch zu sprechen, würde man mir sofort anhören, das stimmt nicht. Ich bin gebürtiger Rostocker, also ein Nordlicht. Ich bin also mit Ostseewasser großgezogen worden, Baujahr 78, habe auch in Rostock studiert, und zwar Wirtschaftsingenieurwesen. In der Wirtschaftsrichtung Logistik- und Produktionswirtschaft und auf der technischen Seite Maschinenbau. Interessanterweise mit einer Ausrichtung Digitalisierung, Automatisierung. Etwas, was wir vielleicht heute noch hören könnten. Ganz passend in der heutigen Zeit. Genau, also kein Bayer, aber fühle mich super wohl hier in unser CMR Süd in Bayern.
00:04:18: Dr. Sigrid Nikutta: Und an alle Zuhörerinnen und Zuhörer, das ist bei der Bahn ganz häufig so, dass eine Karriere in die unterschiedlichsten Städte Deutschlands und Europas führt. Denn DB Cargo ist in 18 Ländern vertreten. Da ist Deutschland und da ist jedes europäische Land ein möglicher Einsatzort. Aber hier sind wir, und Sie haben eben schon einige der Fachbegriffe genannt, mitten im Herzen der Produktion, eine Cargo Management Region und ein Rangierbahnhof. Das sind Begriffe, die uns ganz geläufig über die Zunge kommen. Ob es alle unsere Zuhörerinnen und Zuhörer kennen, glaube ich nicht. Vielleicht können Sie einfach mal erklären, was eine Cargo Management Region und was ein Rangierbahnhof ist?
00:05:08: Jan Reuter: Aber gerne. Also eine Cargo Management Region ist einfach eine organisatorische Einheit, aber machen wir es kurz. Die Cargo Management Region Süd ist das Bundesland Bayern. Alles, was mit Güterverkehr in Bayern zu tun hat.
00:05:22: Dr. Sigrid Nikutta: Also, Sie sind der Chef des Güterverkehrs in Bayern?
00:05:26: Jan Reuter: Genauso kann man sagen Und alles, was hier an Güterzügen fährt, beginnt, endet, durchfährt, gebildet wird, aufgelöst wird und alles, was dafür notwendig ist, das machen wir hier im Süden mit genau 1900 Kollegen. Davon die Masse 1600 Kolleginnen und Kollegen, die Lokführer sind, Rangierbegleiter sind, Lokrangierführer sind und Wagenmeister sind. Und damit das Ganze auch geplant und disponiert wird, haben wir auch noch Planer und Disponenten, die jeden Tag die verschiedenen Wünsche der Kunden in eine Produktionsplanung und dann noch eine Produktionsdurchführung umsetzen. Und wir haben hier in Bayern im Herzen von Deutschland natürlich auch ganz wichtige Kunden, die es jeden Tag zu bedienen geht, und zwar mit 450 Zügen, die wir in Bayern am Tag produzieren. Wir haben hier die Chemieindustrie mit OMV, mit Wacker ein Chemiedreieck. Wir haben in Ingolstadt die große Audi, wir haben die BMW einerseits in Regensburg, andererseits aber auch hier in München. Und da merkt man, dass man jeden Tag dafür Sorge trägt, dass die Industrie am Laufen ist. Und das macht uns auch stolz, da ein Zahnrad im Getriebe zu sein.
00:06:41: Dr. Sigrid Nikutta: Ganz genau. Wir haben in Deutschland fünf Cargo Management Regionen. München ist klassisch unser Tor in den Süden. Wie viele der Züge – wissen Sie das aus dem Kopf? Wie viele Züge, die hier in München fahren, kommen aus dem Ausland oder fahren ins Ausland?
00:06:59: Jan Reuter: Also ungefähr sind 50% bis 60% unserer Züge mit einem Bezug zum Ausland. Das spiegelt ja auch genau das Thema wider, dass wir ganz stark international aufgestellt sind, weil das gesamte Netzwerk der Kunden auch europäisch aufgestellt ist und deswegen unser Rangierbahnhof München das Tor zum Süden ist, genauso wie Sie gesagt haben. Und unser Rangierbahnhof hat halt eine ganz wichtige Rolle auch im Einzelwagennetzwerk. Denn so ein Rangierbahnhof ist eine ganz große Anlage, in dem Züge gebildet und aufgelöst werden. Das bedeutet, viele Kunden wollen gar nicht den ganzen Zug auf die Reise schicken, weil gar nicht so viel Material da ist. Die schicken nur vielleicht ein Wagen pro Tag oder drei Wagen pro Tag los. Und das auch von verschiedenen kleineren Kunden, denen wir damit natürlich einen super Zugang zu diesem großen Netzwerk bieten, über das Einzelwagensystem. Und da es extrem unwirtschaftlich wäre, mit einem Wagen von, sagen wir mal, von Burghausen nach Antwerpen zu fahren, bündeln wir diesen Wagen schon bereits in München und sortieren dort die Wagen, die z.B. Richtung Antwerpen gehen. Und fahren von diesem großen Rangierbahnhof dann auf die weite Strecke. Natürlich nicht mit einem Wagen, sondern mit mehreren Wagen, um sie dann dort wieder einem Kunden zuzustellen. Also aus der Netzwerksicht ist es eine ganz große Anlage München Nord.
00:08:19: Dr. Sigrid Nikutta: In Deutschland haben wir ein Schienennetz, was ungefähr 35.000 Kilometer groß ist, also ein echtes Pfund, mit dem wir wuchern können. Und der Einzelwagenverkehr, den Sie gerade beschrieben haben, ist quasi das Rückgrat des Schienengüterverkehrs. Wir ersetzen damit 40.000 LKW-Fahrten am Tag. Jeden Tag werden durch dieses Einzelwagensystem wirklich 40.000 LKW-Fahrten ersetzt und ein Zug kann dabei bis zu 52 LKWs ersetzen. Also unglaubliche Zahlen. Die CO2-Ersparnis: 2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Also wirklich, das ist der größte Hebel, den wir wahrscheinlich im Verkehr haben, ist der Einzelwagenverkehr. München Nord ist eine Anlage und es hat einen speziellen Grund, weshalb wir heute in München Nord sind. Und er hat eigentlich was mit ihrem Studium zu tun.
00:09:22: Jan Reuter: Das hätte man gar nicht gedacht, stimmt. Denn, um noch mal auf München Nord zu kommen – München Nord, mal so zur Einordnung: Wir haben in München Nord pro Tag 40 Züge, die in die Anlage reinkommen, aufgelöst werden und dann wieder 40 Züge, die raus gehen. Die müssen verarbeitet werden. Und das machen wir noch wie vor 100 Jahren. Das heißt, um so einen Zug aufzulösen und auch wieder zu bilden, sind unsere Mitarbeiter täglich beschäftigt einen 20 Kilo Bügel zu lösen und auch wieder in jedem Wagen einzuhängen, zuzudrehen. Egal ob es schneit, egal ob es stürmt, egal ob die Hitze ist. Und da gibt es jetzt sehr intensive Bestrebungen davon wegzukommen. Richtig, genau in die Richtung Digitalisierung und Automatisierung. Einfach, dass wir dieses Rückgrat auch der Industrie effizienter machen und leistungsfähiger machen, indem wir das gesamte System digitalisieren und automatisieren. Das beginnt bereits – deswegen sind wir auch hier – bei der Einfahrt in unseren Rangierbahnhof. Da kommt ein Zug an, mit einer Streckenlok und dann muss der Zug über den sogenannten Ablaufberg abgedrückt werden, dass die Wagen dort von allein per Schwerkraft in die Richtungsgleise fahren. Heute machen wir es so: Unser Lokführer ist auf der Rangierlok, setzt sich hinter den Wagenzug und er wird schon automatisch geführt durch einen Rechner, an den Ablaufberg. Es wird auch abgedrückt automatisch, aber der letzte Schritt, das Zurückfahren mit der Lok hinter den nächsten Zug, der aufgelöst werden muss, dafür brauchen wir noch unseren Lokführer. Und das ist ein Bestandteil, den wir digitalisieren und automatisieren wollen. Die vollautomatische Abdrücklok, die aufgrund von Sensorik die Umgebung erkennen kann und Hinderniserkennung haben kann. Damit genau dieser Gesamtvorgang automatisch passieren soll. Übrigens auch ein Grund, der ein oder andere Lokführer ist gar nicht so begeistert, da sind doch manchmal langweilige Schichten zu übernehmen. Das heißt, wir können mit der vollautomatischen Abdrücklok diesen Job entsprechend anders gestalten. Wir werden effizienter und wir werden schneller. Damit nicht genug. Wenn wir auf den Abdrückberg kommen, haben wir dort mittlerweile hier bei uns, eine Kamerabrücke zu stehen. Da laufen die Kameras gar nicht drüber. Die sind dort wie auf einem Portal, an allen Seiten links, rechts und oben, hochauflösend Kameras angebracht, die jeden Güterwagen, der dort langläuft, von allen Seiten fotografieren. Um Schäden am Güterwagen zu detektieren, auswerten zu lassen, um auch schon Aufträge fertig zu machen, dass der Wagen repariert werden muss oder eben auch nicht. Und es dient auch der Ladeguterkennung, um z.B. Schrottsorten sortieren zu können. Also auch dort sind wir aktuell schon in der Zukunft angekommen, aber es gibt noch total viel weiter. Wenn wir jetzt in der Richtung angekommen sind und ich eben gesagt habe, da muss immer noch ein Mitarbeiter ran, der diese 20 Kilo schweren Bügel an jedem Wagen wieder einhängen muss. Ein Luftschlauch kuppeln muss, damit entsprechend Luft in den Wagen verfügbar ist, um bremsen zu können, werden wir in Zukunft eine digitale automatische Kupplung einführen. Interessant, die sollte es schon im Jahr 1978 geben, aber es hat sich viel getan, denn mit dieser Kupplung wird mechanisch automatisch gekuppelt. Die Stromleitung wird gekuppelt, eine Datenleitung wird gekuppelt und die Luftleitung wird gekuppelt. Hört sich viel an, ist aber total notwendig für 500.000 Güterwagen genau das in Europa zu tun, damit der aufwendige Prozess wegfällt. Und mit so einer Datenleitung, mit so einer Stromleitung haben wir auch die Chance, den intelligenten Güterwagen anzubinden, weil er mit Strom versorgt wird, weil die Sensoren an dem Güterwagen versorgt werden und die Daten entsprechend spielen. Denn dann können wir auch an dem Zug, der neu gebildet wurde, auch eine automatische Bremsprobe durchführen. Heute läuft ein Mitarbeiter zwei oder drei Mal am gesamten Zug, 400 Meter oder auch 500 Meter, je nach Länge des Zuges, hin und zurück, um festzustellen, ob die Bremsen angelegt haben oder eben gelöst haben, weil das wichtig ist für unsere Sicherheit im Eisenbahnbetrieb. Das wird in Zukunft mit der DAK und der vollautomatischen Bremsprobe automatisch passieren. Wenn der Zug korrekt gebildet wurde und die Bremsen korrekt funktionieren, gibt es ein Signal und wir sind fertig. Also wir haben mit den ganzen Digitalisierungsbestrebungen ganz viel vor. Wir sind momentan auch so ein bisschen noch so im Prototypenstatus und probieren ganz viel aus. Aber wir brauchen es, um unser EV-Netzwerk einfach effizienter zu machen und nach vorne zu bringen.
00:13:58: Dr. Sigrid Nikutta: EV-Netzwerk, Einzelwagennetzwerk, ganz genau. Und hier haben wir die – sie haben es ganz, ganz toll beschrieben. Also die einzelnen Digitalisierungselemente, die wir hier in München Nord einsetzen, damit wir viel effizienter sind und das viel, viel schneller geht. Aber auch, damit die Arbeit für die Kolleginnen und Kollegen hier einfacher, körperlich einfacher wird. Und die Automatisierungs- und Digitalisierungsschritte, also die vollautomatische Abdrücklok, die quasi die Wagen über den Ablaufberg drückt, so dass diese Wagen dann in den einzelnen Richtungen zugeordnet werden können. Da gibt es dann ein Gleis nach Antwerpen, ein Gleis nach Verona, ein Gleis nach Hamburg. In jeder Richtung gibt es ein Gleis und dort werden die Züge dann zusammengestellt. Das Kuppeln wird mit der digitalen automatischen Kupplung einfacher, quasi wie vom Magneten ziehen sich die Wagen an. Dann gibt es die automatische Bremsprobe, so dass auch die Sicherheit des Zuges automatisch hergestellt wird. Und ich persönlich finde die Kamerabrücken ja total faszinierend, weil da werden quasi Livebilder von oben, unten, Seiten der Güterwagen gemacht und ich kann alles live am Computer sehen und muss nicht mehr nachts draußen rumlaufen und mir den Güterwagen angucken. Von oben komme ich eh schlecht dran und sehe was drinne ist. Also wirklich vier ganz große Digitalisierungselemente die wir haben. Und ich glaube, das sollten wir auch ganz, ganz dringend, ganz schnell in ganz Deutschland und in Europa machen. Denn Güter gehören auf die Schiene, ist unser Spruch und ich treffe nur Menschen, die sagen: „Macht doch endlich!“ Und damit wir es machen, brauchen wir genau diese Automatisierungs- und Digitalisierungselemente. Sind Sie zufrieden damit, wie schnell es geht?
00:15:59: Jan Reuter: Nein. Denn eben habe ich gesagt, 1978 gab es schon mal einen Vorstoß der automatischen Kupplung. Wenn wir uns das angucken, es könnte natürlich schneller gehen. Ja, aber wahrscheinlich liegt es auch an der Natur der Sache, wenn man erst mal Feuer gefangen hat oder Lunte gerochen hat, bei dem, was hier möglich ist. Dann möchte man es natürlich lieber heute als morgen haben. Warum? Erstens Sie sagen es: Wir brauchen mehr Güter auf der Schiene. Denn stellen Sie sich vor, diese heute schon 40.000 LKWs, die wir dort ersetzen, würden auf Schlag wieder auf die Straße fluten. Keiner stellt sich diese Straßen vor mit den LKWs drauf. Und wir wollen ja noch mehr auf die Straße holen. Ein zweites Thema ist aus meiner Sicht auch ganz klar: Die Berufswelt verändert sich. Die Berufsbilder auch in den Vorstellungen der jungen Leute sind nicht mehr so, dass sie sich wirklich mit den Jobs, die wir anbieten, rund um die Uhr, nachts, bei jedem Wetter draußen sein – das trifft nicht mehr in dem Umfang auf die Erwartungen unserer jungen Leute zu. Und übrigens die Demografie ist da. Ja, das heißt, es gehen aktuell mehr Leute in Ruhestand, als junge Leute nachkommen. Und da brauchen wir auch total attraktive Arbeitsplätze, die auch modern sind, die digital sind, die auch mit Tablets funktionieren. Okay, wir haben schon Tablets, aber noch mehr an der Stelle. Und das wird übrigens den Inhalt der Arbeit verändern. Aber niemand braucht sich gerade bei der Cargo Sorgen zu machen, dass diese Digitalisierung sein Arbeitsplatz kostet. Nein! Die Arbeit wird anders. Und wir müssen natürlich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begleiten, denn das ist total wichtig. Ja, auch wenn es schnell gehen muss. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass niemand Angst hat vor der neuen Technologie, braucht er auch nicht. Und unser Auftrag ist es für die Mitarbeiter – Sie entsprechen jeder Stufe, die wir gerade besprochen haben, zu begleiten und diesen Transformationsprozess super mit ihnen zu gestalten. Also schnell her damit!
00:17:56: Dr. Sigrid Nikutta: Ganz, ganz wichtig die Kolleginnen und Kollegen, die es dann anwenden, wirklich mitzunehmen bei jedem Schritt, den wir machen. Meine Frage an Sie ist natürlich – wir kennen uns jetzt schon so lange – Was würden Sie denn, wenn Sie jetzt meine Rolle hätten und Vorstandsvorsitzender der DB Cargo wären, was wäre denn so Ihr Thema? Was würden Sie als erstes entscheiden, Herr Reuter?
00:18:22: Jan Reuter: Das ist eine super spannende Frage. Und da bin ich natürlich geprägt durch meinen Job. Und als erstes würde ich gerne alles dafür machen, dass wir wirklich an der Ressourcenfront mehr Verfügbarkeiten hätten, also raus damit ein Rangierlok-Verfügbarkeitsprogramm, weil das ist das, was unsere Kollegen jeden Tag umtreibt. Wir wissen, dass ganz viel gemacht wird, aber wir müssen dort noch mehr Power reingeben, um entsprechend Rangierloks verfügbar zu haben. Wir wissen, es gibt neue, aber bis dahin müssen wir die Zeit extrem gut nutzen.
00:18:59: Dr. Sigrid Nikutta: Ich erkläre ganz kurz: Wir haben neue Rangierlokomotiven bestellt. Der Zulaufprozess ist gerade im Gange. Wichtig ist, wir wollen natürlich umweltfreundliche Rangierlokomotiven haben, also Hybrid-Rangierlokomotiven, die sowohl elektrisch als auch mit Diesel fahren können und dann beim Diesel, aber eben auch mit HVO, also mit Biodiesel fahren können. Denn Güterverkehr ist per se umweltfreundlich. Und auch diese letzte Meile, wo wir heute oft nicht elektrisch, sondern mit Diesel fahren, soll zukünftig mit Hybrid-Loks abgedeckt werden.
00:19:40: Jan Reuter: Das ist super. Wir freuen uns alle auf diese uns zu gehenden Fahrzeuge. Und natürlich, wenn ich so ein Vorstandsvorsitzender wäre, ich würde natürlich noch mehr machen. Also ein Thema, was unsere ganze Mannschaft umtreibt, ist: Wir brauchen funktionsfähige IT. Das, was wir bisher haben, ist nicht die IT, die wir als integriert bezeichnen. Unsere Disponenten müssen zum Teil mit bis zu 20 Tools oder auch IT umgehen. Und das ist etwas, was wir wirklich brauchen. Ein Fokus auf genau dieses Thema. Wir haben in Vergangenheit einiges eingeführt, nicht immer so, wie wir uns das gewünscht haben und um dort auch nicht erfüllte Erwartungen endlich zu erfüllen, brauchen wir auch eine ganz andere Herangehensweise. Und das würde die Kolleginnen und Kollegen echt freuen, wenn wir etwas hinstellen, wo sie einen Mehrwert haben und eine Unterstützung haben. Und das würde uns echt helfen.
00:20:34: Dr. Sigrid Nikutta: Ja, das sind zwei ganz, ganz einfache Themen. Ich darf Ihnen sagen, auch mir sind die jetzt nicht neu, sondern ganz im Gegenteil. Rangierlokomotiven und auch die IT-Systeme. Sie haben ja auch mal an einem IT-System mitgearbeitet, wenn ich mich richtig erinnere. Und genau das sind unsere Herausforderungen, die wir gemeinsam haben. Vielen, vielen Dank, Herr Reuter. Sie sind ja erst 44 Jahre alt. Sie haben also noch eine Weile, um mit uns das gemeinsam zu machen. Denn unsere Arbeit ist so enorm wichtig dafür, dass es uns gelingt, Güter weg von der Straße auf die umweltfreundliche Schiene zu holen. Das politische Ziel ist und auch unseres ist, 25% der Güter auf der Schiene zu transportieren, noch ein ganz schönes Stück Weg vor uns. Ich freue mich drauf, dass wir das gemeinsam machen. Vielen Dank für dieses Podcast-Interview.
00:21:35: Jan Reuter: Vielen Dank!
00:21:40: Outro: Das war ZUGehört – der Podcast von und mit DB Cargo. Abonnieren Sie jetzt den Kanal und seien Sie auch das nächste Mal mit dabei, wenn es wieder heißt: So geht klimafreundlicher Güterverkehr.
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